Klimatechnik für präventive Konservierung - Fluch oder Segen

Unter dem Titel "Schützen, Pflegen und Erhalten - Entwicklungen in der präventiven Konservierung" fand am 15.11.2020 das 13. Konservierungswissenschaftlichen Kolloquium in Berlin/Brandenburg statt.

Mit einem Vortrag zur Klimatechnik konnten wir die Veranstaltung mitgestalten. Nachfolgend sind die wichtigsten Passagen zusammengefasst.

1. Einleitung

Die Klimatechnik ist ein Teilgebiet der Versorgungstechnik mit der Aufgabe, Lufttemperatur, Luftfeuchte und Luftqualität in einem Raum auf die gewünschten Werte zu regeln.

1.1 Randbedingungen

Die Einhaltung bestimmter raumklimatischer Werte ist von vielen Einflussfaktoren abhängig. Einerseits sind das innere Lasten, die zu einer Erhöhung oder Verringerung von Raumtemperatur, relativer Luftfeuchte oder Luftqualität führen. Andererseits sind die äußeren Lasten, die auf die zu betrachtenden Räume wirken, nicht zu unterschätzen. Hierzu zählen das Außenklima mit dem Wetter und vor allem den Parametern Temperatur, relative Luftfeuchte, Sonneneinstrahlung und Wind.

Die gewünschten Werte der einzelnen Paramter des Raumklimas sind im Vorfeld zu definieren. Hierbei sind Minimal- und Maximalwerte sowie Schwankungsbreiten und zeitabhängige Toleranzbereiche zu ermitteln. Ein oft genutztes Hilfsmittel ist hierbei das h, x Diagramm. In dieses kann das anzustrebende Raumklima im Hinblick auf die Temperatur und die relative Luftfeuchte eingetragen werden. Es hat sich als sinnvoll erwiesen, zwei Bereiche zu definieren, in denen das Raumklima sein muss bzw. soll. Während im Kernbereich das Klima definiert ist, welches bestenfalls erreicht werden soll, ist im Grenzbereich festgelegt, welches Klima noch tolerierbar wäre. Je kleiner das Fenster und damit der zulässige Kern- bzw. Grenzbereich ist, umso aufwändiger sind die technischen Maßnahmen zur Erfüllung des Bereiches. Die Frage, wer diese Bereiche definiert, ergibt sich aus dem Umstand, was präventiv konserviert werden soll. In aller Regel bieten sich Restauratoren für festes oder bewegliches Kunstgut an. Darüber hinaus sind Spezialisten, wie z. B. Orgelbauer, einzubeziehen.

2. Fluch und Segen

Technische, insbesondere klimatechnische, Anlagen werden oftmals mit unterschiedlichen Begründungen kritisiert. Hierzu zählen:

  • Sie sind zu laut.
  • Sie sind störanfällig.
  • Sie verursachen hohe Energiekosten.
  • Sie sind teuer.
  • Sie beanspruchen viel Platz.
  • Sie sehen nicht schön aus.
  • Sie verursachen Zugerscheinungen.

Die Aufzählung lässt sich nahezu beliebig erweitern. Unter der Voraussetzung, dass eine oder mehrere der v. g. Behauptungen tatsächlich zutrifft, ist nicht von der Hand zu weisen, dass technische Anlagen oder Klimatechnik verflucht werden.

Werden technische, insbesondere klimatechnische, Anlagen

  • ordnungsgemäß entworfen,
  • ordnungsgemäß geplant,
  • ordnungsgemäß gebaut,
  • ordnungsgemäß betrieben und
  • ordnungsgemäß gewartet,

lassen sich negative Auswirkungen reduzieren bzw. vermeiden.

3. Ursachenforschung

Neben objektiven Ursachen gibt es auch subjektive Ursachen, die zu einer Verdammung von technischen, insbesondere klimatechnischen Anlagen führen. Hierzu zählen oberflächliche Betrachtungen und nicht sinnvolle Verallgemeinerungen. Davor wird ausdrücklich gewarnt, da jede technische Anlage individuell konzipiert und errichtet wird.

Vielmehr ist es sinnvoll, etwaige Schäden zu analysieren und hierbei die Bausubstanz, die baugebundene Ausstattung und die mobile Ausstattung zu bewerten.

Außerdem ist die jeweilige technische Anlage im Hinblick auf ihre Auslegung, ihre Funktion, ihre Leistungsfähigkeit, ihre Steuerung und Regelung, aber auch hinsichtlich des Bedienkomforts und nicht zuletzt im Hinblick auf den Wartungsaufwand zu prüfen.

Sofern es möglich ist, wird empfohlen, im Vorfeld der Maßnahmenerarbeitung ein repräsentatives Langzeit-Klimamonitoring durchzuführen. Hierbei werden die Auswirkungen der inneren und äußeren Einflüsse sowie Schwankungsbreiten erkannt. Die Dauer des Monitorings beträgt bestenfalls bis zu fünf Jahre. Kurzzeitige Monitoring-Maßnahmen sind in der Regel nicht repräsentativ. In Folge des Monitorings werden das Raumklima, das Nahfeldklima und das Oberflächen-Klima in Abhängigkeit des Außenklimas bewertet. Mit Hilfe eines Soll-Ist-Vergleiches kann ermittelt werden, innerhalb welcher Toleranzen das Raumklima tolerierbar, bedingt akzeptabel bzw. nicht tolerierbar ist. Für den Soll-Ist-Vergleich der verschiedenen Parameter des Raumklimas sind geeignete Auswerteroutinen zu verwenden.

4. Maßnahmenempfehlung

Getreu dem Motto im Bau "Das haben wir schon immer so gemacht." kann es vorkommen, dass Fehler übernommen bzw. wiederholt werden. Zu verhindern ist das durch eine gute Analyse der Aufgabenstellung und eine ebenso gute Umsetzung. Ein anderes Motto am Bau lautet: "Das haben wir noch nie so gemacht." Es ist ebensowenig hilfreich, weil Chancen, die sich bieten, nicht für positive Effekte genutzt werden (können).

Wird eine präventive Konservierung angestrebt, sollten passende raumklimatische Maßnahmen erarbeitet werden. Dazu gehören passive und aktive Maßnahmen. Passive Maßnahmen sind solche Maßnahmen, die vor allem baulich geschaffen werden. Aktive Maßnahmen beinhalten in der Regel technische Anlagen. Es wird empfohlen, zunächst passive Maßnahmen im Hinblick auf ihre Grenzen zu bewerten, damit die aktiven Maßnahmen auf ein Mindestmaß reduziert werden können. Sowohl bei passiven als auch aktiven Maßnahmen sind denkmalpflegerische, konservatorische und nutzungsabhängige Aspekte zu berücksichtigen. Letztere müssen u. U. begrenzt werden, um aktive Maßnahmen zu vermeiden. Die Begrenzung kann durch die Nutzungsintensität und/oder die Nutzungsart erfolgen.

Nicht zu unterschätzen sind Gesichtspunkte der Statik und des Brandschutzes. Um den Brandschutz sicherzustellen, sind kompensatorische Maßnahmen denkbar.

Für die Planung und Auslegung von passiven oder aktiven Maßnahmen sind Handrechenverfahren, normativ geregelte Rechenverfahren, aber auch Bemessungsverfahren für das Heizen, Kühlen, Lüften bzw. Klimatisieren heranzuziehen. Reicht das nicht aus, sind dynamische Berechnungsverfahren, wie z. B. dynamische Gebäudesimulation oder Strömungssimulationen (CFD- Computational Fluid Dynamics), vorzunehmen. (SimKi, 2011; Baumann, 2014).Für die wirtschaftliche Bewertung von Maßnahmen sind Vollkostenvergleiche, z. B. nach VDI 2067, empfehlenswert.

16.11.2020